Kurzveranstaltungen, Projekt- bzw. Seminartage und -wochen

Was sind Kurzveranstaltungen, Projekt- oder Seminartage und -wochen?
Kurzveranstaltungen mit einer Dauer von etwa 1,5 bis drei Stunden sowie Projekt- oder Seminartage und -wochen gehören zu den häufigsten Maßnahmentypen der entwicklungspolitischen Bildungs- und Informationsarbeit. Zu ihnen zählen Vorträge, Podiumsdiskussionen, Lesungen und Theaterveranstaltungen, ebenso wie klassische Bildungsveranstaltungen. Sie können sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Kontext vorkommen und zeichnen sich durch eine klare methodisch-didaktische Struktur aus. Veranstaltungen im schulischen Kontext werden häufig in Kooperation mit Nichtregierungsorganisationen (NRO) durchgeführt. Die Verantwortung für die Gestaltung und Durchführung der Veranstaltungen liegt im außerschulischen Bereich meist bei der NRO. Bei schulischen Projekttagen und –wochen sind in der Regel die Schulen oder die Lehrkräfte für die inhaltliche und methodische Konzeption und Umsetzung verantwortlich. In der Studie „Wirkungsorientierung in der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit“ wurden vor allem außerschulische Veranstaltungen untersucht. Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich allerdings auch auf schulbezogene Projektwochen übertragen.
Um die Wirkungen von Angeboten dieses Maßnahmentyps zu evaluieren, können Sie sich als Bildungspraktiker_in zum einen auf Wirkungen erster Ordnung konzentrieren. Sie können evaluieren, inwiefern bei den Lernenden ein kognitiver Wissenszuwachs stattgefunden hat, ob das Interesse der Teilnehmenden am Thema gesteigert werden und ob ihr Sensibilitäts- und Reflexionsniveau verbessert werden konnte.
Zum anderen können auch Wirkungen zweiter und dritter Ordnung Teil der Evaluation sein. Hier können Sie in der Evaluation die Veränderungen in den persönlichen Überzeugungen und handlungsleitenden Orientierungen der Teilnehmenden untersuchen (Wirkungen zweiter Ordnung), oder prüfen, ob sich verändertes Handeln eingestellt hat (Wirkung dritter Ordnung).
Insbesondere bei Projekttagen im schulischen Kontext können Sie neben den individuellen Wirkungen – das sind die Wirkungen, die sich bei den einzelnen Teilnehmenden einstellen – auch kollektiv-organisationale Wirkungen evaluieren. Kollektiv-organisationale Wirkungen stellen sich ein, wenn die im Rahmen von Projekttagen behandelten Themen von den Lehrkräften auch in das Kollegium der jeweiligen Schule getragen wurden. Diese Wirkungen werden als Breitenwirksamkeit verstanden und als Wirkungen 3. Ordnung kategorisiert.
Ein wichtiges Ziel von Evaluation ist es, die eigene Bildungspraxis datenbasiert weiterzuentwickeln und die Qualität der eigenen Bildungsangebote zu steigern. Dafür ist es wichtig, Evaluationsergebnisse richtig zu interpretieren und daraus fundierte Empfehlungen abzuleiten. Die folgenden Aspekte geben einen kurzen Überblick, wovon die Wirksamkeit von Kurzveranstaltungen abhängen kann. Sie können dabei helfen, in der eigenen Evaluation Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung des Bildungsangebots zu finden.
Ausschlaggebend für die Wirkung von Kurzveranstaltungen ist,
- inwieweit das Bildungsangebot im Schulkontext an die relativ festen Bedingungen des „Systems Schule“ angepasst ist – zum Beispiel durch Lehrpläne, den Schuljahresrhythmus und die Wertehaltung der Schule.
- ob ein Bezug zwischen den behandelten Themen und der Lebenswelt der Teilnehmenden hergestellt wird.
- inwieweit das Interesse der Teilnehmenden am Thema (das im non-formalen Bildungskontext meist hoch ist) und die damit einhergehenden meist guten Vorkenntnisse aktiv für das Angebot genutzt werden.
- inwieweit der Veranstaltungsort ein unmittelbares Erleben der Inhalte ermöglicht.
- ob ausreichend qualifizierte Referent_innen eingebunden werden.
- inwieweit den Lernenden Erprobungsanreize geboten werden – das heißt Möglichkeiten, Handlungen in einem geschützten Umfeld selbst auszuprobieren.
- ob die Ergebnisse des Angebots gesichert und im Rahmen einer expliziten Nachbereitung vertieft werden.
Good-Practice-Beispiele
Assoziationswolke
Die Methode zielt darauf ab, Sensibilitätsniveau und Einstellungen der Teilnehmenden zu evaluieren. Durch die Anwendung zu Beginn und am Ende des Workshops können insbesondere Veränderungen bei den Teilnehmenden beobachtet werden. (Christoffel-Blindenmission e.V.)
Blitzlicht mit Wasserglas
Mit der Methode können die Teilnehmenden in einem Zwischenfeedback evaluieren, wie sehr sie ihre Kompetenzen bereits weiterentwickeln konnten und inwiefern ihre Erwartungen an das Bildungsangebot erfüllt wurden. Ein Vorteil der Methode ist, dass die Ergebnisse des Feedbacks direkt visualisiert werden. (EPiZ-Reutlingen)
Einflussmatrix
Diese Methode eignet sich vor allem für Veranstaltungen, die länger als ein paar Stunden oder einen Tag dauern und/oder aus verschiedenen Modulen bestehen oder zur Evaluation von Bildungsmaterialien. Ein Vorteil der Methode ist es, dass sie den direkten Zusammenhang zwischen Aktivitäten und Wirkungen eines Projekts oder einer Maßnahme aus der Perspektive der Teilnehmenden herstellt. (VENRO-Handreichung „Wirkungen beobachten – aber wie?“)
Fragebogen
Die Methode zielt darauf ab, den Wissenstand und das Sensibilitätsniveau der Teilnehmenden der Veranstaltung zu evaluieren. Durch die Anwendung der Methode vor und nach der Veranstaltung können Veränderungen festgestellt werden. (Christoffel-Blindenmission e.V.)
Fragebogen und Ein-Punkt-Abfrage
Mit der Methode kann die Zufriedenheit der Teilnehmenden mit dem Bildungsangebot evaluiert werden. Insbesondere die Ein-Punkt-Abfrage eignet sich für eine schnelle Visualisierung der Ergebnisse. (biz – Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung)
Gruppendiskussion
Die Evaluationsmethode eignet sich vor allem für Veranstaltungen, die länger als ein paar Stunden oder einen Tag dauern wie Schulkampagnen oder Seminarwochen. Ziel der Methode ist es durch eine möglichst freie Diskussion der Teilnehmenden Gruppenmeinungen, Argumentationsstrategien und Meinungsbildungsprozesse zu beobachten. (VENRO-Handreichung „Wirkungen beobachten – aber wie?“)
Gruppeninterview
Die Evaluationsmethode eignet sich vor allem für Veranstaltungen, die länger als ein paar Stunden oder einen Tag dauern wie Schulkampagnen oder Seminarwochen. Ziel der Methode ist es durch gezielte Fragen das Wissen und die Einstellungen der Teilnehmenden zu evaluieren, sowie Gruppenmeinungen, Argumentationsstrategien und Meinungsbildungsprozesse zu beobachten. (VENRO-Handreichung „Wirkungen beobachten – aber wie?“)
Kartenabfrage
Mit der Methode kann die Zufriedenheit der Teilnehmenden mit einer Veranstaltung, ihre Eindrücke und Gedanken zum Thema evaluiert werden. Die Fragen sind offen gestellt und lassen Raum für die freie Rückmeldung der Teilnehmenden. (VENRO-Handreichung „Wirkungen beobachten – aber wie?“)
Punkteabfrage
Mit der Punkteabfrage können mit geringem Aufwand der Informationsstand oder der Meinungsstand der Teilnehmenden zu einem bestimmten Thema, einer These, oder einer Frage dargestellt werden. Die Auswertung kann direkt und interaktiv mit den Teilnehmenden erfolgen. (VENRO-Handreichung „Wirkungen beobachten – aber wie?“)
Ratingkonferenz
Die Ratingkonferenz ist eine Kombination aus standardisierter Befragung und einem kurzen, strukturierten Gruppeninterview. Das ermöglicht es den Trainer_innen sowohl durch vorher definierte Fragen und Themen gezielt Wirkungen abzufragen, als auch offen gegenüber weiteren Aspekten aus dem Kreis der Teilnehmenden zu bleiben. (VENRO-Handreichung „Wirkungen beobachten – aber wie?“)